Ein biomechatronisches Gesamtkonzept 2 Pinguine sind Überlebenskünstler, die den eisigen Stürmen der Antarktis trotzend an Land ihre Jungen aufziehen. Dort bewegen sie sich eher bedächtig und mitunter auch etwas tollpatschig. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Kleinkrebsen, dem Krill, dem sie in den Tiefen des Ozeans nachjagen. Das Schwimm- und Tauchverhalten der Pinguine wurde über viele Jahre vor Ort in der Antarktis erforscht. Mit modernsten Forschungsmethoden gelang es, die Geheimnisse des Unterwasserfluges dieser ungewöhnlichen Vogelgruppe zu entschlüsseln. Die Natur als Lernfeld für effiziente Prozesse Bei der Nahrungssuche schwimmen die Pinguine oft über hundert Kilometer pro Tag. Dabei tauchen beispielsweise Adelie-Pinguine bis zu 350 Meter tief, ihre größeren Verwandten, die Kaiserpinguine gar bis 700 Meter Tiefe. Im Wasser sind sie schnell, ausdauernd und erstaunlich wendig. Ihre Spitzengeschwindigkeit liegt bei knapp 30 Kilometer pro Stunde, die energiesparendere Wandergeschwindigkeit bei etwa 10–15 Kilometer pro Stunde. Als robust und crashsicher erweisen sie sich, wenn sie mit kühnem Schwung auf einem Eisberg landen oder sich ihren Weg durchs Packeis bahnen. Durch 40 Millionen Jahre Evolution sind die Pinguine perfekt ausgeformt. Ihre schlichte Eleganz verbindet sich mit höchster Energieeffizienz und strömungsoptimiertem Körperbau. Schleppversuche mit Abgussmodellen der spindelförmigen Pinguinkörper ergaben im Vergleich zu den besten bekannten technischen Strömungskörpern einen um 20–30% niedrigeren Strömungswiderstand (Cw-Werte <0,02 bei Reynoldszahlen um 106). Dazu liefern die elastisch verformbaren Flügelflächen einen hohen Schubwirkungsgrad. Beides zusammen begründet einen erstaunlich geringen Energieverbrauch. Stoffwechseluntersuchungen mit lebenden Pinguinen in einem speziell dafür gebauten Schwimmkanal in der Antarktis ergaben, dass z.B. Adelie-Pinguine mit einer Magenfüllung (ca.1 Kilogramm Krill) gut 180 Kilometer weit schwimmen können. Wenn sie Benzin tanken könnten, würde das bedeuten, dass sie mit einem Liter Benzin etwa 1500 Kilometer weit durch das kalte Eismeer schwimmen könnten. Diese phänomenalen Leistungen der Pinguine standen Pate für die bionische Umsetzung des AquaPenguin. Bionische Pinguine – Technologieträger für autonome Unterwasserfahrzeuge Die bionischen Pinguine sind als autonome Unterwasserfahrzeuge (AUV) ausgebildet, die sich im Wasser-Bassin eigenständig orientieren, selbständig navigieren und im Gruppenverband unterschiedliche, variable Verhaltensmuster ausbilden. Von den Naturvorbildern wurden die strömungsgünstige Körperform und der elegante Flügelantrieb übernommen. Die Flügel sind mit einem Skelett aus Federstahl-Elementen ausgestattet, die in eine profilbildende elastische Matrix aus Silikon eingebettet sind. So können sich die Flügel in Wechselwirkung mit den hydrodynamischen Kräften in jeder Schlagphase optimal verwinden, wobei die Anstellwinkel aber auch interaktiv geregelt werden können. Damit können die Roboter-Pinguine auf engstem Raum manövrieren, bei Bedarf auf der Stelle wenden und – anders als ihre biologischen Vorbilder – sogar rückwärts schwimmen. Ein absolutes Novum in der Robotertechnik ist der in alle Richtungen bewegliche Rumpf. Um eine solche „organische“ Formveränderung zu ermöglichen, wurden Kopf, Hals und Schwanzsegment mit einer neuartigen 3D Fin Ray®Struktur ausgestattet. Damit wurde die von der Schwanzflosse eines Fisches abgeleitete Fin Ray®Struktur zum ersten Mal auf den dreidimensionalen Raum erweitert. In der hier gewählten Realisierung besteht die Biegestruktur aus flexiblen Längsholmen mit radial umlaufenden Verbindungselementen, welche die elastische Hautbespannung in Form halten. Die Ansteuerung erfolgt über die Längsholme und mechanisch gekoppelte Zugseile mit jeweils einem kleinen Servomotor für die horizontale und für die vertikale Bewegungsrichtung. Die Servomotoren und die Steuerelektronik sind im trockenen Hauptsegment des Rumpfes untergebracht. Die Schultergelenke sind kugelförmig ausgebildet, wobei die Flügelachsen durch die Gelenke hindurch verlaufen und im Inneren der Kugel nochmals separat drehbar gelagert sind. Die zusätzliche Rotationsachse wird von jeweils einem Servo pro Flügel bedient, der den Anstellwinkel der Flügel regelt. Dieser Mechanismus wird in verschiedenen Manöversituationen zu Steuerzwecken genutzt. Flügelantrieb
RkJQdWJsaXNoZXIy NzczNDE0