19 In Bioreaktoren, die mit Algenzellen als Miniaturfabriken arbeiten, steckt erhebliches Potenzial für eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft. Die im Wasser lebenden Algen sind bereits bei ihrer natürlichen Photosynthese im Freien äußerst effizient: Sie binden zehnmal mehr Kohlendioxid als Landpflanzen. Dieser Wert lässt sich um mindestens einen weiteren Faktor zehn steigern, wenn Algenkulturen wie bei Festo automatisiert in energetisch optimierten Bioreaktoren wachsen. Eine vielversprechende Perspektive, Kohlendioxid noch stärker zu fixieren, bietet die sogenannte künstliche Photosynthese. Im Forschungsstatus befinden sich gegenwärtig technische Ansätze auf Halbleiterbasis, aber auch die Idee, den natürlichen Prozess mithilfe synthetischer Biologie, bei der am Computer völlig neue Stoffwechselwege entwickelt werden, zu optimieren. Wissenschaft, Industrie und Politik verbinden damit hohe Erwartungen. Eingesetzt in flexiblen und dezentralen Anlagen rund um den Globus kann die künstliche Photosynthese einen nachhaltigen Beitrag in der Energie- und Rohstoffversorgung der Zukunft leisten. Für Bioreaktoren rechnen die Spezialisten von Festo daher mit erheblichen Effizienzsteigerungen. Wissenschaftler arbeiten daran, den natürlichen Photosyntheseapparat auf zellulärer Ebene mithilfe sogenannter Droplets, den künstlichen Chloroplasten, zu optimieren. Die Droplets haben einen Durchmesser von rund 90 Mikrometern und werden auf synthetischem Weg hergestellt; sie enthalten Bestandteile pflanzlicher Organismen, Enzyme und Biokatalysatoren. Als Miniaturreaktionsgefäße sind sie wie ihre biologischen Vorbilder in der Lage, Kohlendioxid mittels Lichtenergie zu binden und umzuwandeln. Verglichen mit der natürlichen Photosynthese laufen deren Prozesse um den Faktor 20 effizienter ab – eine ideale Voraussetzung für die Anwendung im automatisierten PhotoBionicCell von Festo. Tatsächlich gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, die Droplets auszustatten; die Wissenschaft sucht gegenwärtig nach den besten Bauteilkombinationen. Allerdings kann allein ein bestimmtes Enzym in vielen verschiedenen Varianten eingesetzt werden, dazu kommen die jeweiligen Varianten der anderen Bausteine. Um genau hier die wissenschaftliche Arbeit zu erleichtern und zu beschleunigen, ist Know-how in Automatisierung, Liquid Handling, Digitalisierung und künstlicher Intelligenz gefragt. Denn die Menge der durchzutestenden Kombinationen liegt im Millionenbereich und ist schlichtweg zu groß für händisches Dispensieren, Pipettieren und Analysieren. Natürlich und künstlich Droplets als künstliche Chloroplasten Grundlagenforschung trifft Automation 18 PhotoBionicCell – Der Photobioreaktor Lässt sich die natürliche Photosynthese verbessern?
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