54790_Brosch_ExoHand_de_20120412_lo_L

ExoHand MenschTechnikKooperation

2 Die ExoHand von Festo ist ein Exoskelett, das wie ein Handschuh angezogen werden kann. Mit ihr lassen sich Finger aktiv bewegen, die Kraft in den Fingern verstärken sowie Bewegungen der Hand aufnehmen und in Echtzeit auf Roboterhände übertragen. Die Exoskeletthand bildet alle wichtigen physiologischen Freiheitsgrade einer Hand ab. Sie unterstützt damit die vielfältigen Möglichkeiten des Greifens und Tastens der menschlichen Hand. Ziel ist es, die Stärke und Ausdauer der menschlichen Hand zu verbessern, den menschlichen Handlungsspielraum zu erweitern und die Unabhängigkeit auch in hohem Alter zu gewährleisten. Verbindung von Robotik und Orthetik Da alle Gelenke und deren Antriebe in Form des Exoskeletts außerhalb der eigentlichen Hand liegen, kann diese Handorthese nicht nur der menschlichen Hand, sondern auch einer künstlichen Hand aus Silikon angezogen werden. Damit ist mit ein und derselben Hardware ein Szenario möglich, das Robotik und Orthetik auf völlig neue Art und Weise verbindet. Pneumatisches Exoskelett: flexibel bewegen mit allen Freiheitsgraden Gezielte Ansteuerung der Aktoren: präzises Ausrichten aller Fingerglieder Dabei verknüpft die ExoHand die menschliche Intelligenz mit den Fähigkeiten eines Roboters. Maschinen sind zwar präzise, robust und leistungsstark, können jedoch nur bedingt in komplexen Situationen reagieren. Meist bleiben die optische und haptische Wahrnehmung sowie das menschliche Entscheidungsvermögen unverzichtbar. Von der Montage bis zur medizinischen Therapie Der Nutzen für Festo liegt in der Erweiterung der Erkenntnisse der Mensch-Technik-Kooperation für die Automatisierungstechnik um das Know-how auf dem Gebiet der Fernmanipulation und der Kraftverstärkung. In dieser Form der unmittelbaren Interaktion zwischen Mensch und Maschine ist die ExoHand eine mögliche technische Lösung für die Herausforderungen der zukünftigen Produktions- und Arbeitswelten – real wie virtuell. Der medizinische Nutzen sowie ein großes Interesse an Assistenzsystemen für die Automation haben Ingenieure von Festo veranlasst, im Rahmen des Bionic Learning Network eine Kooperation mit der Universitätsklinik Tübingen einzugehen. Neue Handlungsspielräume zwischen Mensch und Maschine

3 Kraftverstärkung in der Montage Mit der ExoHand unterstützt Festo seine Kunden bei der Entwicklung innovativer Lösungen in der Mensch-Maschine-Interaktion. Trotz des hohen Automatisierungsgrads gibt es in der Industrie weiterhin sehr viele Montagetätigkeiten, die ausschließlich von Menschen ausgeführt werden können. Hierbei kommt es zu vielen sich wiederholenden Tätigkeiten, die Ermüdungserscheinungen hervorrufen. Gerade bei älteren Arbeitnehmern werden solche Tätigkeiten zur Herausforderung. In den meisten Industrieländern steigt das Durchschnittsalter der Mitarbeiter in den Betrieben in den nächsten Jahren weiter an. Dafür stellt die ExoHand eine technologische Lösung dar, die der Herausforderung des demografischen Wandels in der Produktion begegnet. Das System wirkt kraftunterstützend und hilft den Mitarbeitern länger ohne dauerhafte körperliche Schäden im Arbeitsprozess zu bleiben. Um Ermüdungserscheinungen vorzubeugen, kann die ExoHand bei Tätigkeiten in der Montage getragen werden und ermöglicht so als Assistenzsystem eine humanere Arbeitswelt. Force-Feedback zur gefahrlosen Fernmanipulation Setzt man die ExoHand zur Fernmanipulation einer Roboterhand im industriellen Umfeld ein, können komplexe Tätigkeiten, zum Beispiel in gefährlichen oder gesundheitsgefährdenden Umgebungen, aus großer Entfernung ausgeführt werden. Als Force-Feedback-System kann die Hand im Produktionsumfeld so den Handlungsspielraum des Menschen deutlich erweitern. Die ExoHand wird in diesem Szenario sowohl dem Menschen als auch einer künstlichen Hand aus Silikon angezogen. Sie ist dabei Bedienerinterface und Roboterhand zugleich. Dies ermöglicht die Ansteuerung der kompletten künstlichen Hand mit nahezu allen relevanten Freiheitsgraden. Dies bietet die Möglichkeit, Kräfte als Force-Feedback aus einem anderen Umfeld als haptisches Formgefühl auf die eigene Hand zu übertragen. Dadurch lässt sich der menschliche Tastsinn auch über große Distanzen nutzen und kann sogar an der Schnittstelle von der realen zur virtuellen Welt eingesetzt werden. Der Bediener ist nicht länger nur auf seine optische und akustische Wahrnehmung angewiesen, sondern kann tatsächlich Formen und Widerstände oder Krafteinflüsse fühlen. Kraftunterstützung: verstärkte Haltekräfte durch pneumatische Aktoren Ausdauerstärkung: Schutz vor Ermüdung bei monotonen Handgriffen Force-Feedback: Fühlen und Bewegen ohne direkten Kontakt

4 Potenzial für die Servicerobotik Die ExoHand richtet sich neben der industriellen Robotertechnik speziell auch an den zukünftig stark wachsenden Markt der Serviceroboter – hier haben neue Konzepte bei Material, Sensoren, Antrieben das Potenzial, den Markt zu revolutionieren. Soll sich ein Roboter beispielsweise in Kombination mit der ExoHand in der häuslichen Infrastruktur zurechtfinden und mit dem Menschen in unterschiedlichsten Alltagssituationen interagieren, sind menschenähnliche Eigenschaften der Roboter noch viel elementarer als in der Produktionsumgebung. Festo setzt deshalb mit der ExoHand auf ein Antriebskonzept auf Basis der Pneumatik: Die acht pneumatischen Aktoren erlauben präzise Bewegungen und verleihen der ExoHand gleichzeitig exzellente Eigenschaften hinsichtlich Nachgiebigkeit und damit Sicherheit. Ob der Serviceroboter Einzug in das Wohnzimmer hält, hängt darüber hinaus entscheidend von der Kostenentwicklung ab. Die ExoHand von Festo besteht aus Festo Komponenten, die bereits in hohen Stückzahlen produziert werden und damit kostengünstig am Markt erhältlich sind. Einsatz in der medizinischen Therapie In der Rehabilitation kann die ExoHand als aktive Handorthese eingesetzt werden. Allein in Deutschland gibt es Jahr für Jahr circa 150.000 neue Schlaganfallpatienten. Hiervon müssen viele das Bewegen der Hand wieder neu erlernen. Zusammen mit einem Brain Computer Interface (BCI) bietet die ExoHand die Möglichkeit einer geschlossenen Feedbackschleife. Die aktive Handorthese kann Schlaganfallpatienten mit Lähmungserscheinungen dabei unterstützen, die fehlende Verbindung von Gehirn zur Hand wieder zu erneuern. Dabei wird mit einem am Kopf gemessenen Elektroenzephalografie-Signal (EEG) der Wunsch des Patienten erkannt, die Hand zu öffnen oder zu schließen. Die aktive Handorthese führt die Bewegung aus. So entsteht ein Trainingseffekt, der im Laufe der Zeit dazu führt, dass Patienten ihre Hand auch wieder ohne technische Unterstützung bewegen können. Bei einer passiven Handorthese werden die Finger der verkrümmten Hand nur mit einer Feder aufgezogen. Bei der ExoHand bewegen die Pneumatikzylinder die Finger der Patienten aktiv. Training von Gehirn und Muskeln: ExoHand in Kombination mit einem Brain-Computer-Interface Zukunftsvision Serviceroboter: Unabhängigkeit bis ins hohe Alter Schon heute realisierbar: zur Rehabilitation von Schlaganfallpatienten

5 Basis für die Entwicklung eines solchen Projekts ist die Kompetenz in diversen Technologien der Automatisierung. Eine wichtige Rolle für die Realisierung der ExoHand spielen die Mechatronik und generativen Fertigungstechnologien. Mechatronik: Verknüpfung zahlreicher Technologien Die Mechatronik, als Kernkompetenz von Festo, verbindet die klassischen Disziplinen Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik mit dem Ziel, die Funktionalität technischer Systeme zu verbessern und um neue Erkenntnisse in der Mensch-Technik-Kooperation zu erzielen. Dabei ermöglicht die eingesetzte Software die Funktionsintegration im System und damit die intelligente Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Maßgeschneidert: Passform durch generative Fertigung Die ExoHand ist in ihrer Form der individuellen Hand des Nutzers angepasst und im Selektiven Lasersinter-Verfahren (SLS) aus Polyamid gefertigt. Hierfür wird das Exoskelett nach einem 3D-Scan der Hand des Benutzers angefertigt. Pneumatik: präzise bewegen mit nahezu allen Freiheitsgraden Auf der Struktur des Exoskeletts sind acht pneumatische, doppelt wirkende Aktoren angebracht – DFK-10 Zylinder von Festo. Mit ihnen können alle Finger präzise geöffnet und geschlossen werden. Der Zeigefinger kann zudem nach links und rechts geschwenkt und der Daumen kann gemäß seiner Physiognomie in Richtung Handfläche gedreht werden. Exakte Wegerfassung und effiziente Druckluftnutzung Gleichzeitig erfassen lineare Potentiometer die Fingerstellung und die jeweils anliegende Kraft der Antriebe. Der entsprechende Druck in den jeweiligen Kammern wird mittels Piezoproportionalventilen geregelt. Drucksensoren auf der Ventilinsel dienen zur Druckregelung und erlauben einen Rückschluss auf die Kräfte, die der Zylinder ausübt. Positionsgenaue Steuerung mit CoDeSys Eine CoDeSys-konforme Steuerung erfasst und verarbeitet die Positions- und Kraftwerte. Sie regelt die entsprechenden Drücke in den Zylindern, um die korrekten Fingerstellungen und Krafteinflüsse zu erhalten. Dabei werden nichtlineare Regelalgorithmen verwendet. Impulsgeber seiner Kunden: kreative Lösungen für neue Märkte Festo liefert Komponenten und Know-how zugleich: Durch diese breite Technologie- und Forschungskompetenz befähigt Festo seine Kunden, Systeme und Roboter zu entwickeln, die in der MenschTechnik-Kooperation eine bedeutende Rolle darstellen können. Dabei geht es um die Frage, wie Mensch und Maschine angesichts der erweiterten Möglichkeiten aktueller Technologien effizienter interagieren und welchen Ansprüchen die Produktion in Zukunft gerecht werden muss. Hierfür entstehen Systeme und Umgebungen wie die ExoHand, die den menschlichen Handlungsspielraum bedarfsgerecht durch eine aktive Unterstützung erweitern. Festo kann dabei auf die Erkenntnisse zurückgreifen, die bereits mit dem Bionischen Handling-Assistenten in diesem Feld gemacht wurden. ExoHand: Verknüpfung verschiedenster Komponenten und Technologien Zylinder DFK-10 Doppelt wirkender Zylinder mit integriertem Befestigungsflansch und Anschluss Proportional-Wegeventil VPWP Mit externem Lageregler und Wegmesssystem für genaues pneumatisches Positionieren CoDeSys-Steuerung Kompakte Ventilinsel MPA-L mit integrierter CPX-CEC Steuerung und E/A-Modulen

Technische Daten • Pneumatischen Aktoren: Pro Hand 8 DFK-10 Zylinder • Piezoproportionalventile: Orthese: 16 Piezoproportionalventile, Hand an Roboter: 8 MPYE Proportionalventile • Sensoren: Pro Hand 8 lineare Potentiometer als Wegaufnehmer Pro Hand 16 Drucksensoren, bei der Orthese in die Ventilinseln integriert • Steuerung: CoDeSys-konforme Steuerung • Werkstoff Exoskelett: Polyamid • Herstellungsverfahren: Selektives Lasersintern (SLS) Projektbeteiligte Projektinitiator: Dr. Wilfried Stoll, Geschäftsführender Gesellschafter, Festo Holding GmbH Projektteam: Dipl.-Ing. (FH) Markus Fischer, Dipl.-Des. Elias Knubben, Dr.- Ing. Rüdiger Neumann, Dr.-Ing. Alexander Hildebrandt, B.Sc. Nadine Kärcher, B. Eng. Andreas Gause, Valentin Falkenhahn, Festo AG & Co. KG Prof. Dr. med. Alireza Gharabaghi, Dr. med. Florian Grimm, Centre for Integrative Neuroscience der Universitätsklinik Tübingen Dipl.-Inf. Boris Vaksic, M.Sc. Jun Yuan, Dr. rer. nat. Stefan Riesner, Robotics Technology Leaders GmbH 54790 de 4/2012  Film Festo AG & Co. KG Ruiter Straße 82 73734 Esslingen Deutschland Telefon 0711 347-0 Telefax 0711 347-21 55 cc@de.festo.com www.festo.com/gruppe

RkJQdWJsaXNoZXIy NzczNDE0