» Auf den Forschungsgebieten der Mikrosysteme und der Mikrofluidik zählen Sie zu den Wissenschaftlern der ersten Stunde. Was hat Sie bereits Anfang der 1990er Jahre daran fasziniert? Prof. Dr. Roland Zengerle: Meine Generation hat in jungen Jahren Raumschiff Enterprise gesehen. Dort gab es den Tricorder, ein Gerät, so groß wie ein Smartphone heute, mit dem man in Sekunden analysieren konnte, was einem Patienten fehlt. Das hat mich und viele meiner Kolleginnen und Kollegen inspiriert und uns Impulse zur Forschung auf dem Gebiet der Mikrosystemtechnik gegeben. In diesen Anfangsjahren – den 1990ern – ist eine Vision entstanden, die mit einigen Abstrichen, was die Größe heutiger Analysegeräte und den Umfang der möglichen Diagnosen angeht, beinahe schon Wirklichkeit geworden ist. Wir verfügen aktuell über mobile Testgeräte, die an Körperflüssigkeiten komplexe Analysen durchführen. » Wie weit ist die Miniaturisierung der Labortechnik bereits fortgeschritten? Zengerle: Wir sind in der Lage, in einem Point-of-Care-Test Diagnosen mit einer Maschine durchzuführen, die auf ein DIN-A-4-Blatt passt. Dafür hat man noch vor Jahren in einem Großlabor eine ungefähr zwei mal fünf Meter große Maschine gebraucht. Statt zwei Tonnen wiegt eine heutige Lab-on-a-Chip-Lösung nur noch fünf bis zehn Kilogramm. Und die Tendenz geht hin zu weiterer Miniaturisierung. Allerdings wird es auch in Zukunft Grenzen des Machbaren geben, da eine Mindestmenge an Flüssigkeit zur Analyse und damit eine gewisse Grundgröße der Testkartuschen notwendig ist, denn wir weisen heute Analyten nach, von denen nur noch wenige Moleküle in 1 cm³ Probe sind. Interview//Biowissenschaften wie Medizin, Pharmazie oder Biochemie gewinnen weltweit an Bedeutung. Der Bedarf an analytischen und diagnostischen Verfahren in den Life Sciences wächst. Dank großer Fortschritte auf dem Gebiet der Mikrosystemtechnik und Mikrofluidik werden Tests heute schnell und einfach bei Patienten am Point-of-Care durchgeführt. In der Laborautomation optimieren Lab-on-a-Chip-Lösungen Prozesse. Einer der führenden Experten für Mikrosystemtechnik und Mikrofluidik, Prof. Dr. Roland Zengerle, erklärt, warum die kleinen Systeme groß im Kommen sind. Zur Person Prof. Dr. Roland Zengerle ist Physiker und einer der führenden Experten auf dem Gebiet Mikrofluidik, einem Teilgebiet der Mikrosystemtechnik. Er forscht am Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK) der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.imtek.de Foto: W. Sperl Life Sciences Mikrofluidik: Miniaturisierung im Fokus
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